Nach einer Rangliste der größten Bedrohungen für ihre Lieferketten gefragt, führten die Unternehmen auf Platz 1 in erster Linie „geopolitische Konflikte“ (82 %) vor der Gefahr von Cyberkriminalität (8 %) und Naturkatastrophen (6 %) an. Redebedarf gebe es vor allem mit den größten außereuropäischen Handelspartnern USA und China: Auch wenn die Umfrage noch vor der US-Präsidentschaftswahl abgehalten wurde, befürchtet ast ein Drittel (31 %) der befragten Unternehmen, dass die USA einen Alleingang mit generellen Importzöllen und „America First“-Ansatz beschreiten werden, weitere 59 Prozent halten mehr selektive Handelshemmnisse für wahrscheinlich. Nur 6 Prozent erwarten eine Abkehr vom Protektionismus und lediglich 4 Prozent glauben an eine Rückbesinnung zu einer kooperativen, multilateralen Handelsordnung.
Klärung suchen die befragten Unternehmen auch mit dem Handelspartner China. Zwei von drei Unternehmen (64 %) geben an, die EU müsse wegen stark subventionierter Exportprodukte selbstbewusster gegenüber der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft auftreten. Sich von China abzuwenden, sei dennoch keine Alternative, wie die enorme Verflechtung zeigt: Mit weitem Abstand sagten die meisten befragten Unternehmen (75 %), China sei aktuell im Vergleich zu anderen Regionen für sie „sehr wichtig“ (44 %) oder „wichtig“ (31 %), gefolgt von Asien ohne China mit 30 bzw. 36 Prozent Zustimmung. Die USA kommen dahinter auf Platz 3 mit Werten von 18 Prozent („sehr wichtig“) und 35 Prozent („wichtig“).
An den engen Verbindungen mit China werde sich für die Befragten auch in Zukunft nichts ändern. Zwar wird für die „kommenden Jahre“ erwartet, dass die Bedeutung anderer asiatischer Länder aufholen werde. China wird für die Mehrheit jedoch der wichtigste Handelspartner bleiben.
Lieferkettengesetz braucht Nachbesserungen
Die Bilanz nach fast zwei Jahren Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) fällt für die befragten Unternehmen ernüchternd aus. Nach ihren praktischen Erfahrungen mit der Umsetzung gefragt, geben 62 Prozent an, dass das LkSG für ihr Unternehmen „eindeutige Nachteile“ (35 %) oder „eher Nachteile“ (27 %) gebracht habe. Nur 14 Prozent finden, dass sie „eindeutig Vorteile“ (6 %) oder „eher Vorteile“ (8 %) hätten. Als wichtigste Gründe hierfür werden der enorme Bürokratieaufwand (71 %) sowie Wettbewerbsnachteile (10 %) und Compliance-Risiken (7 %) genannt.
Nach den konkreten Folgen durch die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) gefragt, antwortete die Mehrheit (71 %), sie rechneten mit „höheren Kosten für die Umsetzung der Regeln und Dokumentationspflichten“, „unzumutbaren bürokratischen Belastungen“ (59 %) und „Mehraufwand, weil auch andere Dienstleister und Kunden einbezogen werden müssen“ (56 %). 25 Prozent sehen allerdings „bessere Wettbewerbsbedingungen gegenüber schwarzen Schafen“. 18 Prozent erwarten „mehr Klarheit über die Geschäftspraktiken von Zulieferern“ zu bekommen.
Große Hoffnung setzen die Unternehmen darin, durch Digitalisierung mehr Transparenz und Sicherheit in den Lieferketten zu schaffen. 18 Prozent haben bereits ein digitales Upgrade ihrer Lieferkettenüberwachung durchgeführt, 12 Prozent sind derzeit in der Umsetzung und 28 Prozent haben es sich perspektivisch vorgenommen. 21 Prozent kommen auch ohne digitale Werkzeuge aus.