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Interview Dr. Martin Schulte

Welche Chancen gibt es 2025 für die Hausgeräte-Branche?

Dr. Martin Schulte
Dr. Martin Schulte
(Bild: ©Halfpoint - stock.adobe.com)

GFU: Wie schätzen Sie die Wachstumsaussichten für den Sektor der Weißen Ware und angrenzende Bereiche im Jahr 2025 ein?

Dr. Martin Schulte | Oliver Wyman: Wir prognostizieren für dieses Jahr verhaltenes Wachstum. Der Neubausektor im Immobilienmarkt, der für die Branche eine wichtige Rolle spielt, ist 2024 deutlich geschrumpft – auf etwas mehr als 200.000 Einheiten. Ich rechne nicht damit, dass sich das kurzfristig ändert, vor allem wegen Inflation und steigender Lebenshaltungskosten. Das Ersatzgeschäft bleibt zudem hart umkämpft, mit starken Preisnachlässen und aggressiven Werbeaktionen.

GFU: Gibt es auch Lichtblicke?

Martin Schulte: Definitiv, erste Erholungsanzeichen sind erkennbar. Die EZB hat den Zinssatz bereits auf unter drei Prozent gesenkt, und wir beobachten, dass die Preise sich stabilisieren. Zudem könnte der Ausgang der Bundestagswahlen in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte positive Impulse für den Sektor bringen.

GFU: Wie sollten Unternehmen in diesem herausfordernden Marktumfeld agieren?

Martin Schulte: In so einer Situation neigt man dazu, auf Investitionen zu verzichten, das Geschäft eher kurzfristig zu steuern und sich auf Effizienz sowie Kostensenkungen zu fokussieren. Viele Unternehmen und CEOs bewegen sich entweder in einem expansiven oder in einem restriktiven Managementmodus – in der Hoffnung auf bessere Zeiten mit mehr Umsatzwachstum und optimistischerer Konsument:innenstimmung.

Was dabei oft übersehen wird: Auch in einem stagnierenden Markt gibt es Wachstumspotenziale, wenn man ihn genau analysiert und sich nicht mit Durchschnittlichkeit zufriedengibt. Wer diese Chancen erkennt und aktiv nutzt, kann von grundlegenden Veränderungen profitieren.

GFU: Können Sie Beispiele nennen?

Martin Schulte: Gerne. Zum Beispiel die Neuausrichtung auf den Kern des Marktes. Nach den Preisrückgängen in den vergangenen beiden Jahren sehen wir jetzt ein Wachstum im mittleren Preissegment. Hersteller sollten sich dieser strukturellen Veränderung bewusst sein und ihr Portfolio entsprechend anpassen. Es kann sinnvoll sein, Ressourcen für Innovation und Forschung gezielter einzusetzen – nicht nur für Premium-Produkte, sondern auch für die breiteren, erschwinglicheren Segmente, die weiter an Bedeutung gewinnen.

GFU: Welche weiteren Ansätze sehen Sie, mit denen Unternehmen erfolgreich wachsen können?

Martin Schulte: Ein großer Hebel ist die kreative Aktivierung von Verbraucher*innen. Einige Marken machen es zur Zeit vor: Sie setzen auf soziale Medien, Testimonials, eine agile sowie verbraucherorientierte Kommunikation – und erzielen selbst in etablierten Märkten wie Europa Wachstumsraten von über 20 Prozent. Wer frühzeitig auf diesen Zug aufspringt, wird von diesem Trend profitieren.

GFU: Kreative Wege in der Verbraucher-Ansprache – hat das auch Einflüsse auf Vertriebswege?

Martin Schulte: Ich möchte Ihnen eine Entwicklung aus dem Küchenmarkt nennen: Kleine, digitale Küchenstudios in Innenstädten bieten ein umfassendes Planungserlebnis, unterstützt durch neue Technologien. Sie kommen also dorthin, wo die Verbraucher*innen sind, diese müssen nicht mehr „raus“ ins Möbelhaus fahren. Es gibt schon reale Beispiele dieses Konzepts und es ist wahrscheinlich, dass weitere Anbieter folgen werden. Wer früh dabei ist, kann hier neue Kunden gewinnen.

GFU: Alle sprechen gerade von Robotik: Welche Chancen sehen Sie in diesem Bereich?

Martin Schulte: Die Revolution in diesem Sektor steht unmittelbar bevor. Neben Fortschritten bei generativer KI entwickelt sich auch die physische KI rasant weiter. Große US-Tech-Unternehmen haben allein 2024 über 14 Milliarden US-Dollar in diesen Bereich investiert. Besonders spannend: Die Preise für humanoide Roboter werden bald unter 15.000 US-Dollar fallen. Das eröffnet völlig neue Umsatzmöglichkeiten für Unternehmen, die bereit sind, in dieses aufstrebende Ökosystem zu investieren. Europa wird derzeit vielleicht nicht führend im Bereich der Hardware sein, die aus Asien und den USA kommt. Aber hier bieten sich Möglichkeiten z.B. in der Software-Entwicklung, bei Sprachmodellen oder ähnlichem.

GFU: Gilt alles in allem also die alte Devise „Krise als Chance“?

Martin Schulte: Es kann passieren, dass man in einem schwierigen Marktumfeld träge wird – mit der Folge, Trends im jeweiligen Sektor zu verschlafen, die eigentlich enorme Chancen für Neues bieten. Wer diese Chancen nutzt, und jetzt die richtigen Weichen stellt, kann Grundlagen für den kommerziellen Erfolg in den kommenden Jahren legen.

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